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Die Forschung zeigt, dass viele Betroffene von übermäßiger Polizeigewalt gar nicht erst vor Gericht gehen – und wenn, setzen sie sich oft Gegenanzeigen und langen Verfahren aus. Ist das Ausmaß der Polizeigewalt viel größer, als wir ahnen?
Das Dunkelfeld ist jedenfalls groß. Die Polizei hat eine erhebliche Definitionsmacht, auch wenn es um die Aufarbeitung von übermäßiger Gewaltanwendung und Diskriminierung geht. Die Betroffenen sind in solchen Situationen in einer defizitären Lage. Deshalb wäre es wichtig, ihre Position zu stärken. Wir wären gut beraten, wenn es unabhängigere Ermittlungen in solchen Fällen gäbe. Heutzutage ermitteln Kollegen gegen Kollegen, und das ist natürlich eine problematische Situation. Andere Länder haben daraus Konsequenzen gezogen und unabhängige Ermittlungsstellen geschaffen.
Die politische Debatte wird in einer anderen Richtung geführt: Es geht darum, Angriffe gegen Polizistinnen und Polizisten härter zu bestrafen. Wie bewerten Sie das?
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es in der Polizei die Wahrnehmung gibt, dass Beamtinnen und Beamte häufiger angegriffen werden. Deshalb gibt es auch eine geänderte statistische Erfassung. Wenn man sich die Zahlen anschaut, stellt man fest: Die allermeisten Fälle, die dort verzeichnet sind, sind leichte Fälle. Schwere Fälle mit erheblichen Verletzungen oder gar Todesfällen sind sehr selten. Deshalb nehme ich die Debatte als dramatisiert wahr. Solche Angriffe sind zudem schon heute mit hohen Strafen bedroht.
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FR mal wieder stabil.
Es ist höchste Eisenbahn, dass in Deutschland Polizeigewalt endlich als ein systemisches Problem verstanden und angegangen wird. Aus meiner Sicht spielt hier gerade die SPD eine besonders unrühmliche Rolle, da sie die autoritären Befugnisse und wegschauen bei Polizeigewalt weiter vorantreibt, in dem Wissen, dass diese vor allem antifaschistischen Widerstand und marginalisierte Gruppen trifft. Damit stehen die Forderungen der SPD nicht schlechter dar, als von CDU/CSU, FDP oder AfD. Nur passen hier Selbstdarstellung und reale Politik noch weniger zusammen.
Dabei sind rechtsextreme Umtriebe in der Polizei aus meiner Sicht auch mit der Folgenlosigkeit von Gewalt durch die Polizei verbunden. Einerseits neigen Faschos zu mehr Gewalt und wenn diese dann konsequenzenlos bleibt, können diese sich im Dienst besser halten und eine entsprechende Kultur schaffen. Andererseits zieht es solche Leute auch besonders hin zum Polizeidienst, wo sie ihre politischen und gesellschaftlichen Feindbilder verprügeln könenn und dafür auch noch bezahlt werden.
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